Zoom-Müdigkeit strapaziert das Gehirn – aber warum ist das so?
„Das Video-Meeting mit meinem Team liegt gerade hinter mir. In drei Minuten werde ich mich schon in den nächsten Call einwählen. Thematisch muss ich mich jetzt ganz schnell umstellen. Und das Starren auf das eigene Doppelkinn, gleichzeitig der Blick in verschiedene Gesichter und manchmal auch die endlos erscheinenden Online-Meetings, das alles ist für uns alle derzeit schon ganz schön ermüdend“. Dennoch scheinen gerade jetzt Videoanrufe eine elegante Lösung für das Homeoffice zu sein.
Über solche und ähnliche Erfahrungen wird derzeit häufig berichtet. Der Begriff Zoom-Müdigkeit taucht immer häufiger auf. Dabei ist es unerheblich, ob die Video-Konferenz mit Zoom, Skype, Teams oder einer anderen Schnittstelle umgesetzt wird.
Seit der Corona-Pandemie haben sich diese Schnittstellen als „inoffizielles soziales Experiment“ entwickelt und müssen die Kommunikation face to face ersetzen. Aber virtuelle Interaktionen können belastend für unser Gehirn sein.
Man kann nicht nicht kommunizieren
So lautet eine der wichtigsten Grundlagen der Kommunikationstheorie. Während eines persönlichen Gespräches liegt der Fokus der Konzentration nicht nur auf dem gesprochenen Wort, sondern ebenso auf der Bedeutung nonverbaler Hinweise. Ob jemand Blickkontakt hält oder sich während des Gesprächs viel bewegt oder laut atmet, all das registriert unser Gehirn. Diese Wahrnehmung solcher Signale erfordert bei den meisten Menschen wenig bewusste Anstrengung, da der Mensch im Laufe unserer Entwicklung gelernt hat, sich daraus ein ganzheitliches Bild zu machen.
Bei Videoanrufen sind diese tief verwurzelten Fähigkeiten gestört. Der Teilnehmer muss sich viel intensiver und anhaltend mit dem gesprochenen Wort auseinandersetzten. Es ist fast unmöglich Handgesten oder andere Körpersprache der anderen Teilnehmer zu sehen, da häufig nur ein kleiner Ausschnitt der Person im Video gezeigt wird.
Dieses Problem potenziert sich sogar bei Videokonferenzen mit Mehrpersonenbildschirmen. Die Galerieansicht aller Teilnehmer zwingt das Gehirn dazu, alle Personen auf einmal zu analysieren, so dass im Gehirn kein sinnvolles Bild zustande kommen kann. Somit ist der Mensch daueraktiv, aber nicht fokussiert auf den Sprecher und dessen Botschaften.
Fluch und Segen
Im Großen und Ganzen haben Videochats menschliche Beziehungen auf eine Weise positiv beeinflusst, welche vor Jahren noch nicht denkbar gewesen wäre. Die verschiedenen Schnittstellen, sei es Zoom, Teams und andere, ermöglichen, dass Fernbeziehungen aufrechterhalten und Arbeitsräume von zu Hause aus eingebunden werden. Reisezeiten und –kosten können reduziert werden. Gut strukturierte Video-Meetings sichern die Vermittlung der relevanten Themen und Botschaften, sofern sie die erforderlichen Pausen zulassen.
Erfreulich ist, dass trotz geistiger Ermüdung das Zusammengehörigkeitsgefühl während der Corona-Pandemie gefördert wird und allen das gute Gefühl gibt, nicht alleine zu sein.